An Timm "206" Völker

Lieber Timm, wenn wir beide nicht solche Helden wären, würde ich Dich jetzt knutschen, dass Du nicht nur geduldig meinem Arzt-Gerede zuhörst, sondern es Dir auch noch merkst (die Vorgeschichte zu dem post hier ist unter hallohoelle.blogspot.de, post vom 07.12.15 zu finden).
ABER, und das ABER muss sein, eben doch nicht ganz richtig. Nicht wir fällen Enscheidungen in ein paar Sekunden, sondern unsere Spiegel-Nervenzellen, irgendwo im Schläfenlappen unseres Hirnes (der Teil, wo auch der Herr Asperger zu Hause ist bei manchen Leuten). Und die Nervenzellen verfallen angesichts des Typen, der plötzlich im eigenen Gesichtsfeld auftaucht in soziale Angst & Überforderung. Und in ein Selbstgespräch. Und nach etwa 439 Millisekunden, also grob einer halben Sekunde, fällt diesen Nervenzellen regelmäßig bei uns allen immer die gleiche Lösung ein. Wir grinsen leicht hilflos, weil nicht ganz ehrlich, ziehen die Schultern nach unten und kehren die Handflächen geöffnet nach vorn-oben. Anterior-superior, wie der Lateiner zu sagen pflegt. So nach dem Motto, "eh Alter, ich hab echt nix dabei, keine Knarre, keine Bazooka, ich bin sowieso leicht körperbehindert, geistig eher schwer". Wärend dessen wird das Gegenüber schnellstens gescannt und IM LICHTE der eigenen Erfahrungen in eine Schublade einsortiert. "Glatze, Hackfresse, Schnauzbart, oberster Kopf am Hemd zu, Tarnjacke, ziemlich viel Holz vor der Hütte unter dem Pailletten-Shirt, Bruno-Banani-Unterhosen, Skaterhosen ziemlich tief im Schritt, rote Stöckelschuhe"
Moment, so gehts natürlich nicht. Es kann sich doch nicht jeder so codieren, wie er will. Wie soll ich ihn den dann decodieren ?
Wo komen wir denn da hin, wenn wir uns jeden Menschen genau durchlesen müssen, um raus zu kriegen, wen wir vor uns haben. Also bitte, schwarze Schnurbärte mit einem Döner in der Hand, Glatzen nur mit eng stehenden und stechenden Schweinsäuglein, Rastas nur im Selbstgestrickten mit ner Tüte in der Pfote. Für unsere Spiegel-Nervenzellen sind in besagter halben Sekunde Menschen wie Verkehrsschilder. Und Geisterfahrer werden nicht akzeptiert.
A propos, lieber Timm, Deinen Song mit dem Geisterfahrer finde ich nach wie vor ziemlich genial. Heißt, glaube ich, "Fäuste der Zuknft".

Verstrahlt

Vorgestern sass ich mit meiner Liebsten, die als Kulturwissenschaftlerin arbeitet und einer guten Freundin und Kletterkameradin auf dem Balkon. Es war früher Abend, wir hatten gegessen. Zur Anregung der Verdauung unterhielten wir uns über illegale Drogen und Politik. Die Politik hatte die Kulturwissenschaftlerin unter uns eingebracht. Auch ihr bereiten die Leute, die deutschtümelnd vor Flüchtlingsunterkünften herum randalieren Sorge. Die Kletterkameradin brachte die illegale Droge Methylamphetamin, auch "crystal", ins Spiel. Das liegt an ihrem Beruf. Sie arbeitet als Ärztin in einer Nervenklinik in Sachsen auf einer Drogenstation. Fast alle die dahin kommen, haben vorher vor allem "crystal" genommen. Der Fachausdruck von Leuten, die "crystal" nehmen, für dessen Wirkung heißt "verstrahlt "sein. Interessant war die durch die Bergkameradin berichtete Aussage ihrer Patienten, dass nicht nur sie häufig "verstrahlt" seien, sondern das ganze Dorf, in dem sie wohnen. Klingt für mich nur auf den ersten Blick komisch. Ich als Freund alkoholischer Getränke habe ja auch meiner seeligen Tante (siehe diesen blog, Eintrag 1 und 2) immer zum Geburtstag und Weihnachten eine Flasche Schnaps geschenkt. Und wenn jemand gerne kifft und die Oma mit dem Leben nicht mehr zurecht kommt, wird er ihr sicher auch erstmal ein Tütchen empfehlen, bevor er sie durch den Hausarzt in die Klapsmühle schicken lässt. Und wenn der Enkelsohn auf seinen nigelnagelneuen Sneakern wie ein Gummiball in die düstere Großelterliche Wohnung gehopst kommt , um vor dem Gang zum Dealer seines Vertrauens noch etwas Kohle zu ergattern, und die Oma und den Opa Trübsal blasen sieht, dann weiß er doch genau, was die Sonne auch hier wieder zu Scheinen bringen kann.
Und da ja Amphetamine nicht nur die Sonne wieder scheinen lassen, sondern auch aggressiv und größenwahnsinnig machen und außerdem eine urdeutsche Droge sind und sicher auch der Führer selbst immermal davon genascht hat, liegt es auf der Hand, dass unsere Ostsächsischen Landes- und Volksgenossen nicht nur ein Problem mit anderen Leuten aus anderen Ländern, sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit auch ein Drogenproblem haben. Außerdem wird das gute Zeug ja auch von Ost nach West immer teurer, weil man sich geographisch imer mehr von unseren tschechischen Nachbarn entfernt. Falls das so wäre, hätten wir Leipziger allerdings ein Imageproblem. Dann hätte unsere scheinbar fortschrittlichere und tolerantere Haltung nicht primär damit zu tun, dass wir alle so viel toller und cooler sind als die Freitaler und Dresdner, sondern eher damit, dass hier das "crystal" so teuer ist. Auf den Schreck hin mache ich hier erstmal Schluss und gehe in die kleinere der beiden Kneipen einen trinken. R.R.
p.s. In den meisten sächsischen Dörfern gibts gar keine Kneipen mehr.   

Dolomites revisited 1

Lieber Timm, ich bin nunmehr vom Klettern in den Dolomiten zurück. Als ich eben den Beitrag von Dir nochmal gelesen habe, fiel mir Dein postscriptum auf mit der Frage, ob Red Bull brennbar ist. Nun muss ich zugeben, dass ich das nicht weiß.
Aber ich denke, Herr Bargeld von den Einstürzenden Neubauten hat hier mit dem Song "Feurio" von dem Album "Das Haus der Lüge" eine erschöpfende Antwort geliefert: "Nur die halbe Welt ist Beton und Asbest, der Rest ist brennbar." Und ich hoffe sehr für die ganzen Party-People, dass Red Bull weder Beton noch Asbest enthält.
Die Welt ist ein riesiges Gespinst von Bezügen und wenn wir weit genug zurücktreten könnten, ungefähr so wie die Generäle in den zweiten-Weltkriegs-Filmen an ihren Tischen voller Landkarten, dann, ja dann würden wir sehen, dass es keine Zufälle gibt. Und so ist es auch kein Zufall, lieber Herr Völker, dass ich erst nach der Rückkehr von meiner Reise in die Dolomiten über das postscriptum gestolpert bin. (Oder hast Du es erst später eingefügt ?)
Na jedenfalls waren wir in dem Städtchen Fiera di Primero Essen und Trinken fürs Klettern einkaufen, als einer meiner Bergkameraden zu meiner großen Verwunderung eine Dose "Red Bull" in den Einkaufwagen legte. Das hatte er in meinem Beisein nämlich noch nie getan. Und das in dem Ort, der bis 1918 der südlichste von ganz Österreich war und deshalb vor der Italianisierung Primör hieß. Wenn das ein Zufall sein soll!
Allerdings war das erklärte Ziel unserer Seilschaften nicht, in den Dolomiten "Red Bull" zu kaufen, sondern zu Klettern. Wie uns das gelang, wie viele Mittelstands-Kids (MK) sich dort im allgemeinen und speziell im Verhältnis zum "Fusion-Festival" herumtrieben und einiges mehr erfahren die geneigten Leser und Du, lieber Timm, im nächsten Beitrag.
Berg Heil GAPD


Burning Urin Austria

Lieber Timm Völker, ich habe mal in einem Buch davon gelesen, dass ein paar Typen, die in Indien festhingen, weil sie von Piraten beklaut worden waren, ewig lange in Töpfe pinkelten, ihre Pisse kochten, bis nur noch ein stark Phophor-haltiger Bodensatz übrig war. Damit bekämpften die dann irgendwelche Banditen, mit Feuer. Phosphor pinkeln wir alle in geringen Mengen raus, es sei denn, man ist amerikanischer Teenager. Dann hat man durch die Coca-Cola Diät zu viel Phophorsäure im Körper, kriegt weiche Knochen, weil das Kalzium in den Knochen gegen Phophor ausgetauscht wird und pinkelt auch mehr davon raus.
Phosphor jedenfalls entzündet sich von alleine an der Luft und wenn man sich in die volle Badewanne setzt, dann brennt es eben munter weiter, wenn man aus der Wanne raus kommt. Also brennt Urin irgendwie schon. Phosphor war im 2. Weltkieg sehr beliebt bei den Briten, um damit aus Rache für die Vergeltungswaffe 1 und 2 (V 1 und V 2) deutsche Städte und Deutsche anzuzünden. Womit wir endlich bei unseren britischen Freunden wären. Die zünden natürlich nichts mehr bei uns an. Aber, dass kann nicht oft genug gesagt werden, sie stapeln Bierkästen übereinander. Ich denke nicht, dass hier eine Kapitalismus-Kritik im allgemeinen und eine Kritik an der Werbungsmaschinerie im besonderen dahinter steckt. Schließlich haben die Briten den Kapitalismus ja erfunden. Das wäre ja so, als würden Deutsche Techno-Musik kritisieren. A propos Techno, lieber Timm Völker, Du träumtest ja davon, dass der Sleaford Mod`sche Fanfarenstoß ungefähr so wie die Marseillaise die entrechtete Unterschicht zur Revolution erweckt. Ich sagte darauf, die gibt es gar nicht mehr, es gibt nur noch Mittelstands-Kids mit Mittelstandsproblemen, die mit Revolutionen nicht zu lösen sind. Und ich sah sie, die Mittelstands-Kids (MK). Auf einem Festival am Wochenende im Mecklenburg namens Fusion. Das Problem der meisten MK war, wer keine Drogen nehmen darf, damit er am Sonntag clean das Wohnmobil durch die Polizeikontrollen bringt und dass man Sonntag wirklich los müsse, um die Uni-Seminare am Montag nicht zu verpassen.
Ich denke eher, das Sleaford Mods keine Musiker und Musikinstrumente herumschleppen wollten auf ihrer Tour, damit sie es leichter haben und gleiche Gage durch weniger Leute teilen können. Damit bleibt die Bühne naturgemäß nahezu leer. Und ich denke, dass in dem einen Klub auf youtube im Laufe der Zeit 60 Flaschen Clausthaler alle geworden sind, im Werk 2 60 Flaschen Pilsner Urquell.
Mit dem Fußball ist das wiederum so eine Sache. Ich kann nichts schlechtes über den Besitzer von Red Bull sagen, schließlich sponsort er auch den Klettersport, dem ich selbst fröne. Und schön wäre es mit der ersten Liga schon allein deswegen, damit sich die Dresdner nochmehr über uns ärgern (siehe auch das aktuelle Stadtmagazin "Kreuzer"). Jetzt fällt mir grade auf, dass die Kreuzer-Leute einen anderen Österreicher, dem nicht Red Bull gehört, aufs Titelblatt geholt haben, um sich über Dresden lustig zu machen.
In der Hoffnung auf eine erschöpfende Beantwortung Deiner Fragen. lieber Timm, vebleibe ich als Dein Rising

Gastbeitrag: "Ist Urin brennbar?" von Timm Völker.

Obwohl ich ihn Anfang des Jahres nach 50 Jahren aus dem Keller aufsteigen ließ und dazu John Carpenter intonierte, mussten erst die Engländer Sleaford Mods nach Leipzig kommen, um einen Grund zu haben, das Ping Pong verbalis brutalis zu starten, dass Rising Reissig und ich uns vorgenommen hatten. Aber so ist das: alles braucht seinen Grund. So auch das morgendliche Erheben aus der Schlafstätte: dem Sarg, dem Pappkarton, dem sozialen Schacht. Mögen die Spiele beginnen. 

Rising hat mit seinem Konzert/Urinerlebnis (zu finden direkt unter diesem Eintrag hier) vorgelegt. Ich werde Öl ins Feuer gießen und im Kreis darum tanzen. Ist Urin eigentlich brennbar? Das wäre ganz schön gefährlich. Kommen wir aber mal ganz konkret auf dass, was RR (Rising Reissig) zum Sleaford Mods Konzert von sich gibt: Erstmal stellt er es völlig richtig dar, dass er auf Befehl meiner Wenigkeit, gleich einem beschwerten Dämon, dort erschienen ist und es um den Beweis der Leipziger Coolness ging. Spannend wird es aber, als er beginnt den Bühnenaufbau zu beschreiben, der bei dieser Band sehr reduziert ist und relativ schnell feststellt, dass dort exakt drei Bierkästen übereinandergestapelt sind. Er nennt die Marke, er sagt, dass bei einem anderen Konzert, von dem er scheinbar ein Video gesehen hat, ebenfalls drei Bierkästen zu sehen waren, auch dort nennt er die Marke. Warum ist das spannend? Weil ich mich in einem anderen Beitrag über dieses Konzert ebenso in visuellen Details dieses Bühnenaufbaus erging inklusive Markennennung aller möglichen au der Bühne auftauchenden Produkte. 

Zeigen uns Sleaford Mods durch ihre auf irgendeine Art verunsichernde Bühnenspartanik, wie sehr wir durch Werbung und Schriftzüge visuell vom Kapitalismus konditioniert wurden und in Situationen der Leere mit dem beruhigenden Aufsuchen uns bekannter Symbole beginnen? Diese Frage stelle ich hier mal ganz konkret und hoffe sie von Rising beantwortet zu bekommen.
Doch warum ruiniert sich ein urinierender Mann sein erkämpftes Standing, indem er einen Aufkleber über einem Urinal abknaupelt? Auch hier wieder eine interessante Parallele: ich war auch auf dieser Toilette, vor dem Konzertbeginn. Und ärgerte mich mal wieder, keine eigenen Aufkleber mitzuhaben, bis mir auffiel, dass in diesem Toilettenbereich nur sehr wenige frische Aufkleber zu finden waren, was darauf schließen lies, dass diese durch tägliche fleissige Putzkrafthände entfernt werden. Von Tags und Bombs waren auch nur noch Artefakte in den Fugen zwischen den Fliesen zu erkennen. Worauf wollte ich hinaus? 

Ach ja, Aufkleber knaupeln - Porsche, Genscher, Hallo HSV! Weshalb der HSV von jenem Pinkelnden als abknauplungswert betrachtet wird, weiß ich nicht. Aber ich weiß, dass es richtig toll gewesen wäre, wenn dieser Fussballverein mal abgestiegen wäre und nächstes Jahr mit Red Bull Leipzig um den Aufstiegsplatz hätte kämpfen müssen und gewonnen hätte. 

Denn was würde passieren wenn Leipzig einen Fussballklub hat, der in der ersten Liga spielt? Noch mehr Menschen? Noch mehr Selbstbewusstsein? Noch mehr Urin und HSV Aufkleber auf deinem Rücken? Diese Fragen stelle ich dir ebenfalls, Master Rising und hoffe auf Erleuchtung.

Mit besten Wünschen, Timm V.

PS.: Ist Red Bull eigentlich brennbar?

Wie ich beinahe angepinkelt wurde und mir ein HSV-Aufkleber auf den Rücken geklebt wurde

Letzten Samstag war ich in Leipzig zum Konzert von Sleaford Mods aus Nottingham, weil mein Hallenser Buddy Timm V. gesagt hatte, dass ich dahin muss. Weil nämlich Sleaford Mods der neue heiße Scheiß vom letzten Jahr sind und die verpennten Leipziger jetzt mal beweisen sollen, ob sie wirklich cool sind. Für mich als nicht ganz so coolen Ureinwohner war das Konzert-setting gewöhnungsbedürftig. Auf der leeren Bühne waren drei leere Kästen Pilsner Urquell übereinander gestapelt. Auf denen stand ein aufgeklappter Laptop. Hinter dem Laptop stand ein wippender Mann mit einer Flasche Ur Krostitzer, die er sich vor seinen grauen Joggighosen-Schritt hielt. In einem älteren you tube Video steht der Laptop auf drei übereinander gestapelten Clausthaler Alkoholfrei Kästen. Der wippende Mann unterbrach das Wippen immer am Ende eines Songs, um einen Knopf am Laptop zu drücken, damit die Beats vom nächsten Song anfangen konnten. Dann trat er einen Schritt zurück und wippte weiter im Rhythmus der sehr rhythmischen Beats. Manchmal sang er auch mit. Der andere Mann sang auch mit, aber über ein Mikrophon. Und er schimpfte auch ganz schön, er rappte und schimpfte. Ich liebe ja diesen englischen Slang, der so gar nicht nach meinem Englisch-Unterricht klingt und auch gar nicht durch die Nase kommt. Manchmal habe ich auch ein paar Worte verstanden, insgesamt irgendwas mit "fuckin`", Alice im Wunderland und der Bibel. Timm V. meinte, es ginge auch viel um soziale Probleme, vor allem die der Unterschicht. Nach dreieinhalb Songs hatten der wippende und der schimpfende Mann mich eingefangen und ich musste mit wippen, Gern hätte ich auch richtig getanzt. Dafür war es aber zu voll.
Als das Konzert zu Ende war, musste ich pinkeln. Ich musste mich erst anstellen. Als ich dann ein Urinal für mich hatte, wunderte ich mich über meinen linken Nebenmann. Der hielt seinen Schwanz mit der linken Hand und pinkelte, während er mit der Rechten versuchte, einen Aufkleber von den Fliesen über ihm zu kratzen. Irgendso einen Aufkleber in blau, mit so einer Art Fahne, ein bisschen wie die englische, eben nur in ganz blau und einer Jahreszahl. Ich fragte ihn, was an dem Aufkleber so wichtig sei. Er sagte: "HSV" Ich sagte: "aha". Dann sagte ich ihm noch, dass weiter höher auf dem Putz über den Fliesen noch so ein Aukleber wäre. Er streckte sich und fing an, den auch abzuziehen. Dadurch fing er aber auch an, nicht mehr in das Urinal, sondern auf den oberen Rand zu pinkeln. Ich sagte ihm, er solle aufpassen, dass er sich nicht bepinkele. Er entschuldigte sich, weil er dachte, er würde mich bepinkeln. Dann ging er seiner Wege, nicht ohne mir den zweiten HSV-Aufkleber auf den Rücken zu kleben. Den habe ich dann abgemacht und in meine Tasche gesteckt.

Schon wieder Blut



Schon wieder Blut
Als ich gestern zum Kletterturm fuhr, lief mir Blut aus der Nase. Nach einer Weile dachte ich, ich hätte alles Blut runtergeschluckt und schneuzte mich wie ein echter Radrenn-Fahrer. Und schwupp war mein rechter Unterarm voller Blutspritzer. Na toll, dachte ich mir, und trat nochmal richtig rein ins Fixie.
 Bei der aktuellen Blutgeschichte geht es um Achilles, den Typ mit der besonderen Ferse. Ich las vor ein paar Wochen ein Theaterstück von Heinrich von Kleist; „Penthesilea“. Eine interessante Geschichte zum Thema Paarbildungsstrategien im Wandel der Zeiten. Dabei fällt mir eine Lesung in einem Kulturhaus in der 1990er Jahren  ein. Der Saal war übervoll, ich fand ein Plätzchen zum Sitzen am Rande der Bühne. Und schlief nach den ersten Worten der Lesung sofort ein. Als ich aufwachte, musste ich pinkeln. Ich lag am linken Rand der Bühne, und genauso wie den Vortragenden schaute das mehrhundertköpfige Auditorium auch mich an. Ich dachte mir, schnell aufs Klo, und, das Weinglas dort, das muß stehen bleiben. Und schwupps, war ich in meiner Schlaftrunkenheit auch schon über das Glas gestolpert. Ich bin nach dem Pinkeln nicht wieder zurück in den Saal und habe somit auch nie etwas über die „sechs Paarbildungsstrategien nach Siegmund Freud“ erfahren.
Bei Pethesilea (P) und Achilles (A) gab es nur eine Paarbildungsstrategie, nämlich DRAUFHAUEN. Am Beginn des Stückes hauen sich Griechen und Trojaner gegenseitig auf die Omme, dass es nur so kracht. Auf einmal kommen die gesammelten Amazonen angerauscht und hauen sowohl den Griechen als auch den Trojanern gleichermaßen auf die o.g. Ommen. Was bleibt da übrig, als unter Gründung einer zeitweiligen Zweckgemeinschaft zu versuchen, soviel geballter militanter Weiblichkeit zu widerstehen. Mann überlebt grade so und wundert sich, besonders über den Wahn der Amazonenkönigin P, ausgerechnet den unbesiegbaren Held aller Helden A zu besiegen. Dem gelingt es, P zu verwunden. Sie wird in ihr Hauptquartier gebracht, A setzt nach, wahrscheinlich schon verliebt. Dort wird ihm erzählt, dass Amazonen mit Männern nicht viel am Hut haben. Das weiß er schon. Manchmal brauchen Amazonen aber auch Männer, wegen der Fortpflanzung. Konnte sich A auch denken. Was er nicht weiß, ist, dass die Götter/ Priester ihn P zu diesem Behufe zuwiesen. Und das sie, wie jede ordentliche Amazone, sich den Vater ihrer ungeborenen Kinder selbst im Kampf fangen muß. Es gibt jetzt noch ein paar verliebte Blicke, kurzes Herumgestreite, „gehen wir auf deine oder meine Burg?“. Dann tauchen ein paar Amazonen-special-forces auf und A muß abhauen. Wieder zu Hause in seinem Hauptquartier ist er immer noch verliebt und nörgelt herum, dass dieser blöder Trojanische Krieg ja auch mal ein oder zwei Monate warten könne. Er wolle nur mal eben auf Ps Burg und habe auch schon einen Plan. Er wolle sich zu einem Zweikampf stellen, so tun, als ob er verlöre und schon dürfe er ins königliche Bettchen. Gesagt getan. Am nächsten Tag lungert A voller Vorfreude im Wald herum, P kommt schwer bewaffnet mit Gefolge und Hunden angerauscht und…erschießt A. Einfach so, durch den Hals. Der aufmerksame Leser wird jetzt sagen: „Ein Hals ist keine Ferse.“ Stimmt, und Kleist ist nicht Homer. A ist trotzdem tot. P fällt erst Mal mädchenhaft in Ohnmacht. Nach dem Aufwachen ist sie so erbittert über den Tod des Geliebten, dass sie einfach so stirbt. Nach dem P tot ist, stellt ihre Schwester noch freundlicherweise fest, das „sie sank, weil sie (Penthesilea) zu stolz und kräftig blühte.“ Was ich beinahe vergessen hätte, ist, dass P den fassungslos sterbenden A noch in die Brust biss und sein Blut trank. Ich habe doch nochmal über Paarbildungsstrategien recherchiert, das mit dem auf-die-Omme-hauen und dem vielen Blut brauchst es nicht mehr. Es gibt inzwischen jede Menge angeschmuddelte Kneipen mit schwerhörigen Kellnern, in denen man sich in aller Ruhe gegenseitig ins Bett brüllen kann. Und bluten muß auch keiner mehr, nur sein Bier gleich bezahlen. Prost und Waidmannsheil wünscht GAPD